Trickreichtum: Würfel sind nur für den Anfang da

Willkommen zu ersten Beitrag unserer neuen Serie „Trickreichtum“. Diese Serie ist in einerseits von Judges für Judges und dient dazu, die kleinen und großen Tricks aus unserem Judge-Werkzeuggürtel an Euch Leser und Leserinnen weiterzugeben. Andererseits erklären die Artikel dieser Reihe auch unser Vorgehen für all jene, die selbst gerne mehr darüber wissen wollen, wie wir die Regeln in der Praxis durchsetzen.

Heute widmen wir uns einer Situation, von der man sich eigentlich wünscht, dass sie nicht vorkommen wird:

Ihr seid der Head Judge auf einem Prerelease. Es ist die letzte Runde und die Spielzeit ist fast vorbei. Ihr geht durch die Tischreihen und seht nach, welche Tische noch spielen, und dabei fällt euch ein Tisch besonders auf. Andrea und Martin, beide heute zum ersten Mal auf einem Turnier und noch sehr jung, spielen nicht weiter, obwohl noch viele Karten am Tisch liegen. Statt dessen reden die beiden miteinander, Ihr könnt aber nicht verstehen was gesagt wird.

Während Ihr euch dem Tisch nähert nehmen beide einen Würfel in die Hand und werfen ihn. Als Ihr am Tisch ankommt und fragt, warum so kurz vor Ende gewürfelt wird, meint Martin „Keiner von uns kann gewinnen, aber nur der Gewinner bekommt einen Preis. Wir haben vereinbart dass derjenige, der die höhere Zahl würfelt, das Spiel gewinnt und dann die Preise mit dem anderen teilt“.

Was würdet Ihr in dieser Situation machen? Beide sind noch sehr jung, und es ist ihr erstes Turnier. Und sie wussten nicht dass man den Gewinner eines Matches nicht auswürfeln darf. Man kann doch ein Auge zudrücken und mit ihnen reden dass sie das nächste Mal nicht mehr würfeln dürfen?

Leider muss ich Euch hier enttäuschen: Die Regeln sind für diesen Verstoß sehr eindeutig. Es ist nicht erlaubt, das Ergebnis eines Matches durch zufällige Methoden wie einem Würfelwurf zu bestimmen. Andrea und Martin müssen vom Turnier disqualifiziert werden und erhalten keine Preise.

Was zuerst wie eine besonders harte Strafe klingt hat aber viele gute Gründe, drei davon möchte ich besonders hervorheben:

– Durch den Würfelwurf gewinnt jemand und erhält Preise. Was wäre aber, wenn das Ergebnis ein Unentschieden gewesen wäre? Jemand anderes hätte die Preise bekommen, geht jetzt aber leer aus. Ein Matchergebnis durch nicht erlaubte Methoden zu bestimmen heißt, dass jemand mit einem Recht auf Preise oder der Chance in der Top 8 zu spielen, jetzt nichts mehr bekommt.

– Das Ergebnis eines Matches durch eine zufällige Methode zu bestimmen kann dazu führen, dass Magic als Glücksspiel angesehen wird. Und Glücksspiele dürfen nur von Erwachsenen in speziellen Räumlichkeiten gespielt werden. Es ist im Interesse von allen (Wizards of the Coast, Stores, Judges und Spielern) dass alle Magic spielen können, die das wollen. Vor allem Wizards of the Coast möchte nicht, dass Magic plötzlich als Glückspiel zählt, deswegen bestehen sie darauf, dass in diesem Fall die Teilnehmer disqualifiziert werden müssen.

– Sagen wir, Ihr drückt ein Auge zu und die beiden kommen ohne Disqualifikation davon. Martin und Folkert, die am Nebentisch spielen, sehen, dass es dafür keine Strafe gibt und denken sich „Och, wenn das so ist mache ich das beim nächsten Mal auch“. Und zwei Tische weiter sehen Karin und Isabelle, beide sehr erfahrene Turnierspielerinnen, dass für einen Judge das Auswürfeln eines Matchergebnis jetzt doch OK ist und machen es beim nächsten Mal auch. Und vergessen wir nicht Oliver, der nur zugesehen hat… Wie Ihr seht kann eine solche Entscheidung weite Kreise ziehen. Wo würdet Ihr die Grenze ziehen wenn es darum geht jemanden zu disqualifizieren? Wenn Ihr den Dokumenten folgt könnt Ihr dabei nichts falsch machen.

Das heißt aber nicht, dass Ihr für Andrea und Martin nichts mehr tun könnt! Die beiden wussten nicht, dass sie in dieser Situation das Ergebnis nicht mit einem Würfelwurf bestimmen können. Damit sie den Store nicht mit zu negativen Erfahrung verlassen müssen könnt Ihr mit dem Organisator reden und ihm oder ihr die Situation erklären. Organisatoren möchten sicher, dass die beiden wieder zu einem Turnier kommen, Spaß haben und damit weiter Kunden für den Laden sind. Man könnte beispielsweise anbieten, dass sie beim nächsten Turnier gratis mitspielen können oder dass sie für den Draft, der gleich beginnt, weniger zahlen müssen. Das Stichwort ist hier Customer Service – aus einer nicht so tollen Situation eine Situation zu machen, nachdem die Betroffenen wiederkommen.

Am Ende von diesem Beitrag möchte ich Euch einladen: habt Ihr etwas, dass ihr besonders gut könnt und dass Ihr anderen zeigen wollt? Kennt ihr die kleinen Kniffe mit denen man während einem Turnier Zeit einsparen kann? Dann teilt sie mit den anderen. Jeder kann hier einen Beitrag schreiben! Falls Ihr Interesse habt meldet euch bei Daniel Maier, er freut sich schon auf eure Ideen und Mithilfe.

Bis zum nächsten Mal!

 

Geschrieben von René Oberweger
Idee und korrekturgelesen von Simon Ahrens
Redaktionell bearbeitet von Daniel Maier