Gleißender Lichtschein: Ersatzeffekte Teil 1

Ersatzeffekte (Teil 1)

Heute veröffentlichen wir den ersten Teil unseres zweiteiligen Artikels über Ersatzeffekte (Replacement effects). Im ersten Teil werden wir uns anschauen, was Ersatzeffekte sind, woran man sie erkennt und was passiert, wenn mehrere Ersatzeffekte ein Ereignis gleichzeitig versuchen zu ersetzen.
Im zweiten Teil des Artikels geht es um Ersatzeffekte, die beeinflussen, wie eine bleibende Karte das Spielfeld betritt. Außerdem werden wir uns dort die Regeländerungen zum Thema Ersatzeffekte genauer anschauen, die mit dem Erscheinen der Edition Ixalan in Kraft getreten sind.

Aber zunächst schauen wir uns die Grundlagen zum Thema Ersatzeffekte an.

 

Was sind Ersatzeffekte und wie funktionieren sie?

Ersatzeffekte warten darauf, dass etwas bestimmtes im Spiel passiert, um dieses Ereignis durch etwas völlig anderes zu ersetzen oder das ursprüngliche Ereignis zu modifizieren, also es teilweise zu verändern.

Sie benutzen dafür nicht den Stapel und sie werden sogar mitten in der Verrechnung eines Zauberspruchs oder einer Fähigkeit angewendet.
Bei manchen Ersatzeffekten kann man eine Wahl treffen. Zum Beispiel bei den sogenannten “Shocklands” aus den Editionen Ravnica und Rückkehr nach Ravnica. Diese Wahl wird getroffen, sobald der Ersatzeffekt angewendet wird.

Anders als ausgelöste Fähigkeiten (triggered abilities), die darauf warten, dass ein Ereignis tatsächlich stattfindet, um dann auszulösen, warten Ersatzeffekte auf ein Ereignis, um kurz bevor es passiert einzugreifen, und es durch ein anderes Ereignis zu ersetzen.
Das ursprüngliche Ereignis findet dementsprechend niemals statt, sondern wird durch ein anderes Ereignis ersetzt, bevor es stattfinden kann.

 

Beispiel 1: Ihr beherrscht eine Schlängelnde Boa (Winding Constrictor) und eine Nissa, Stimme Zendikars (Nissa, Voice of Zendikar). Nun aktiviert ihr Nissas zweite Loyalitätsfähigkeit, um dadurch auf eure Schlängelnde Boa eine +1/+1 Marke zu legen.
Kurz bevor diese Fähigkeit erfolgreich verrechnet wird, modifiziert der Ersatzeffekt der Schlängelnde Boa, dieses Ereignis und stattdessen werden zwei +1/+1 Marken auf eure Kreatur gelegt. Es wird niemals erst eine Marke auf eure Kreatur gelegt und danach eine zweite. Es werden direkt zwei Marken stattdessen auf sie gelegt.

Beispiel 2: Ihr beherrscht einen Manischer Laborant (Laboratory Maniac), der einen Ersatzeffekt erzeugt, der euch das Spiel gewinnen lässt, wenn eure Bibliothek keine Karten mehr enthält und ihr eine Karte ziehen müsst.
In diesem Fall wollt ihr von eurer Bibliothek eine Karte ziehen, aber direkt bevor ihr dies tut, wird dieses Ereignis ersetzt dadurch, dass ihr stattdessen das Spiel gewinnt.

 

Woran erkenne ich Ersatzeffekte?

Ersatzeffekt erkennt man, wie auch aktivierte und ausgelöste Fähigkeiten, an der Art und Weise wie sie geschrieben sind. Die für Ersatzeffekte benutzen Formulierungen, findet ihr in der folgenden Aufzählung. Die entsprechende englische Formulierung dafür steht in Klammern dahinter.

  1. Effekte mit den Wörtern “stattdessen” oder “anstatt” (if … instead) ersetzen ein Ereignis durch ein anderes
  2. Falls das Wort “übergehen” (skip) verwendet wird, so handelt es sich um einen Ersatzeffekt. Hier wird meistens ein Zug, eine Phase, ein Segment oder ein Ereignis übersprungen. In diesem Fall wird es durch nichts ersetzt
  3. Ersatzeffekte, die modifizieren wie eine bleibende Karte das Spiel betritt, verwenden folgende Formulierungen:
    1. “[Diese bleibende Karte] kommt mit… ins Spiel” ([This permanent] enters the battlefield with…)
    2. “Sowie [diese bleibende Karte] ins Spiel kommt….“ (As [this permanent] enters the battlefield …)
    3. “[Diese Bleibende Karte] kommt als … ins Spiel” ([This permanent] enters the battlefield as…)
    4. Dauerhafte Effekte, die lauten “[Diese bleibende Karte] kommt … ins Spiel.“ (This permanent enters the battlefield…) oder “[Objekte] kommen … ins Spiel” ([Objects] enter the battlefield…) modifizieren, wie eine bleibende Karte ins Spiel kommt.
    5. Effekte, die lauten “Sowie [diese bleibende Karte] aufgedeckt wird…“ (As [this permanent] is turned face up…), sind Ersatzeffekte, die das Aufdecken einer Morph Karte modifizieren.

 

Was passiert, wenn mehrere Ersatzeffekte dasselbe Ereignis beeinflussen wollen?

Wenn mehrere Ersatzeffekte ein Ereignis modifizieren wollen, werden verschiedene Kategorien nacheinander abgearbeitet, bis man letztendlich zum Endergebnis kommt.

  1. Als erstes werden Selbstersatzeffekte (self-replacement effect) angewandt. Diese Art von Ersatzeffekten sind keine dauerhaften Effekte. Sie sind Teil von Zaubersprüchen oder Fähigkeiten, die sich selbst ersetzen oder einen Teil von sich ersetzen.

Beispiel: Elektrisierender Strahl (Galvanic Blast) fügt normalerweise zwei Schaden einem Spieler oder einer Kreatur deiner Wahl zu. Sobald man drei oder mehr Artefakte beherrscht, modifiziert der Zauberspruch seine ursprüngliche Funktionsweise und fügt nun vier Schaden stattdessen zu.

 

  1.  Als zweites werden Ersatzeffekte angewandt, die beeinflussen wollen, unter wessen kontrolle eine Bleibende Karte das Spielfeld betritt.

Beispiel: Exemplare begutachten (Gatherer Specimens)

  1.  Danach kommen Effekte an die Reihe, die eine bleibende Karte als Kopie einer anderen bleibenden Karte ins Spiel bringen wollen.

Beispiel: Klon (Clone)

  1.  Als letztes werden alle anderen Ersatzeffekte angewandt, die nicht den vorangegangenen Kategorien angehören.

Wenn nun zwei oder mehr Ersatzeffekte, dasselbe Ereignis ersetzen wollen, so bestimmt der durch dieses Ereignis betroffene Spieler (oder der Beherrscher des betroffenen Objekts), welcher Ersatzeffekt gemäß der oben genannten Reihenfolge angewendet wird.
Der betroffene Spieler muss sich also, an die oben genannte Reihenfolge halten.
Falls zwei oder mehr Ersatzeffekte dabei in die gleiche Kategorie fallen, bestimmt der betroffene Spieler, welcher der Effekte angewendet wird.
Wenn nun zum Beispiel zwei Ersatzeffekte, dasselbe Ereignis ersetzen wollen und einer der Effekte gehört zu Kategorie zwei und der andere zu Kategorie drei, so muss zuerst der Ersatzeffekt angewendet werden, der zu Kategorie zwei gehört. Danach wird der Prozess wiederholt, in dem erneut überprüft wird, welche Ersatzeffekte das nun veränderte Ereignis noch beeinflussen wollen. Dabei werden die Kategorien von oben nach unten durchgegangen und der Prozess wird so lange wiederholt, bis kein Ersatzeffekt mehr anwendbar ist.

Dadurch kann es vorkommen, dass ein Ersatzeffekt der zuerst angewendet wird, einen später anzuwendenden Ersatzeffekt überflüssig macht. Beispielsweise wenn zwei Effekte ein Ereignis ersetzen wollen und der erste Effekt sorgt dafür, dass das Ereignis gar nicht mehr stattfindet. Genauso könnte es auch passieren, dass der zuerst angewendete Effekt, dass Ereignis so sehr verändert, dass der zweite Ersatzeffekt nicht mehr darauf zu trifft. So hat der zweite Ersatzeffekt nichts mehr, was er ersetzen kann und wird nicht angewendet.

 

An dieser Stelle muss wahrscheinlich jeder Leser erstmal tief durchatmen. Ihr wollt bestimmt Beispiele und die sollt ihr natürlich auch bekommen.


Beispiel 1: Spieler A beherrscht eine Anafenza die Vorderste (Anafenza, the Foremost) und einen Kalitas, Verräter von Ghet (Kalitas, Traitor of Ghet). Beide Kreaturen haben einen Ersatzeffekt, der angewendet wird, wenn eine gegnerischen Kreatur in den Friedhof gelegt wird. Falls nun eine Kreatur von Spieler B stirbt, werden beide Ersatzeffekte angewendet und da Spieler B das betroffene Objekt (in dem Fall die sterbende Kreatur) beherrscht und beide Effekte zur gleichen Kategorie gehören, darf er entscheiden, in welcher der beiden Ersatzeffekte angewandt werden.
Falls Spieler B sich z.B. dazu entscheidet, dass zuerst der Ersatzeffekt der Anafenza genutzt wird, so wird das Sterben seiner Kreatur dadurch ersetzt, dass sie stattdessen ins Exil geschickt wird. Kalitas Ersatzeffekt würde nun nicht mehr angewendet werden, da sein Effekt nur das sterben einer Kreatur ersetzen kann, aber Anafenza das Ereignis bereits von “in den Friedhof legen” zu “ins Exil schicken” verändert hat. Somit würde Spieler A keinen Zombie Spielstein von Kalitas erhalten.

 


Beispiel 2: Ein ähnliches Beispiel, aber diesmal eins, in dem die oben genannte Reihenfolge der Kategorien, eine Rolle spielt.
Spieler A wirkt ein Grizzlybären (Grizzly Bears) und Spieler B wirkt in Reaktion darauf ein Zurückweisen (Remand). Zu diesem Zeitpunkt hat Spieler B bereits ein In Frieden ruhen (Rest in Peace) im Spiel. Werden die Grizzlybären durch Zurückweisen auf die Hand ihres Besitzer zurückgeschickt oder durch das In Frieden ruhen ins Exil geschickt?
In der ersten Kategorie stehen die Selbstersatzeffekte an und darunter fällt Zurückweisen. Weil es seinen eigenen Regeltex ersetzt, in dem die neutralisierte Karte nicht in den Friedhof geht, nach dem erfolgreichen neutralisieren, sondern auf die Hand ihres Besitzers zurückkehrt.
Deshalb wird Zurückweisen vor In Frieden Ruhen angewendet. Die Grizzlybären werden aus diesem Grund auf die Hand ihres Besitzers zurückgeschickt und der Effekt von In Frieden ruhen hat kein Ereignis mehr, auf das es zutrifft. Schließlich versuchen die Grizzlybären ja nun nicht mehr in den Friedhof zu gehen.

 


Beispiel 3: Spieler A kontrolliert ein Wesen der Wildnis (Essence of the Wild) und möchte einen Klon (Clone) wirken. Der Klon soll als Kopie eines gegnerischen Grizzlybären ins Spiel kommen. Das dürfte doch kein Problem sein oder?
Das Wesen der Wildnis hat den Regeltext “Kreaturen, die du kontrollierst, kommen als Kopie des Wesens der Wildnis ins Spiel”. So mit ist dies ein Ersatzeffekt der in die gleiche Kategorie wie der Klon fällt. Spieler A kann deshalb wählen, welcher Ersatzeffekt angewendet wird. Aber welcher zuerst angewendet wird ist in diesem Fall egal, da beides zum gleichen Ergebnis führt.
Wird nun der Ersatzeffekt des Klon zuerst verwendet, so werden die kopierbaren Eigenschaften des Klons, zu den eines Grizzlybären. Aber danach wird der Ersatzeffekt des Wesen der Wildnis angewendet und der Klon wird nun das Spiel als Kopie des Wesen der Wildnis betreten und nicht als Grizzlybären.
Wird zuerst der Effekt des Wesen der Wildnis benutzt, werden die kopierbaren Eigenschaften des Klon zu denen des Wesen der Wildnis. Dies überschreibt den Regeltext des Klon und so mit auch den darin enthaltenen Ersatzeffekt, der nun nicht mehr angewendet werden kann.
In beiden Fällen kommt der Klon als Wesen der Wildnis ins Spiel und nicht als Grizzlybären.

 

Ersatzeffekte gehören zu den kompliziertesten Aspekten des Regelwerks von Magic:The Gathering. Und nachdem man den heutigen Artikel gelesen hat, ahnt man auch warum das so ist.
Falls ihr Fragen habt, könnt ihr diese gerne in den Kommentaren hinterlassen.
Ich hoffe ihr seid auch beim zweiten Teil des Artikels dabei, wenn wir uns noch tiefer in das Thema Ersatzeffekte stürzen.