Warum existieren Judges eigentlich?

Geschrieben von Jason Flatford

Geschrieben von Jason Flatford

F: Existieren Judges, um Cheater zu erwischen?

A: Nicht wirklich, aber zu manchen Zeiten machen wir das, und zu anderen Zeiten wiederum nicht.

F: Jemand muss ja die Strafen verteilen, existieren sie dafür?

A: Nein. Die Verteilung von Strafen nimmt locker weniger als 5% unserer Zeit als Judge ein.

F: Hmm, vielleicht weil sie dann diese klasse Judge-Foils kriegen?

A: Für manche Judges mag dies wahr sein, aber in der echten Welt gleichen die Judge-Foils kaum die Kosten aus, um zu Events zu reisen.

Also warum existieren Judges denn nun?

Nun, Judge Emeritus Collin Jackson hat einmal in einem Brief an seine Eventbelegschaft geschrieben, dass Judges dafür da sind, um „Stühle einzurücken“ (Der Originalbrief ist leider nicht mehr verfügbar)

Natürlich gibt es uns nicht buchstäblich nur dafür, Stühle einzurücken, obwohl Judges dies wirklich tun sollten. Das Einrücken von Stühlen kann als Metapher für die eigentliche Rolle von Judges gesehen werden.

Wenn Stühle wild verteilt in der Turnierhalle rumstehen, ist es für die Spieler schwieriger, sich zu bewegen. Sie müsse Stühle zur Seite schieben, ein paar Stühle können verloren gehen und das Turnier verzögert sich, weil die Spieler langsamer von A nach B kommen, als wenn die Stühle ordentlich aufgestellt wären. Daher sollten Judges wann immer möglich Stühle einrücken.

Aber das erklärt nicht vollständig, warum dieses Einrücken nun so wichtig ist für diesen Artikel. Ich meine, die Verzögerung für das Turnier im Großen und Ganzen durch unordentliche Stühle sollte verschwindend gering sein. Es gibt einen anderen Grund.

Spielerwahrnehmung

Spielerwahrnehmung ist wichtig für unsere Tätigkeit als Judges. Was geht durch das Unterbewusstsein eines Spielers, wenn dieser einen Judge beim Stühleeinrücken sieht? Was denkt dieser Spieler dann über den Judge?

Nun, zuallererst könnte er denken, dass der Judge am Arbeiten ist, anstatt rumzustehen. Dieser Judge will wohl, dass der Spielbereich anschaulich und professionell wirkt. Dieser Judge wirkt, als ob er gerne hilfsbereit ist. Falls ich diesen Judge wegen etwas rufe, ist es wahrscheinlich, dass er oder sie mir helfen, oder es zumindest versuchen wird.

Es ist wichtig, dass wir Judges als hilfreich wahrgenommen werden. Wir wollen, dass Spieler uns rufen wann immer diese eine Frage haben. Und sei es für keinen anderen Grund als die Integrität des Turniers zu wahren, indem wir Judges richtige Rulings geben und damit auch eine konsistente Spielererfahrung über mehrere Turniere hinweg garantieren.

Wir alle haben schon eine Geschichte eines Spielers gehört, der auf einem Turnier ein Ruling erhalten hat und dann auf einem anderen Turnier einen Judge getroffen hat, der es anders handhabt. Diese inkonsistente Erfahrung kann zu niedrigeren Teilnehmerzahlen führen und negative Gefühle und Misstrauen bei Spielern gegenüber Judges schüren.

Kundenservice

Stühle zurechtrücken ist außerdem ein Beispiel, das für positiven Kundenservice steht.

Judges existieren, um positiven Kundenservice zu erbringen.

Und das ist es, Ende der Geschichte. Judges existieren, um ihre Spieler mit positivem Kundenservice zu versorgen.

Naja, vielleicht braucht ihr noch etwas mehr Überzeugungsarbeit.

Warum machen Judges eigentlich die Sachen, die sie tun?

Warum stehen sie in aller Herrgottsfrühe auf, um auf Turniere zu fahren oder zu fliegen, die Stunden von ihrem Wohnort entfernt sind, um dann den ganzen Tag in der Halle zu stehen und ein Auge auf vielleicht hunderte oder tausende Spieler zu haben, von denen die Hälfte gerade zwei Spiele gegen Lantern Control verloren hat, nur um am Ende des Tages wieder alles aufzuräumen und sich auf die lange Heimreise vorzubereiten? Lasst mich eines sagen, wir machen dies NICHT für die Kompensation. Wenn irgendein Judge dies behauptet, belügt er sich wahrscheinlich selbst.

Wir judgen für die Gemeinschaft, die Freunde und – seien wir ehrlich – die liebgewonnen Menschen, die wir auf unseren Reisen getroffen haben während wir etwas tun, woran wir Freude haben.

Wir machen es für die Schulterklopfer und anderen Gesten, die sagen „Du hast einen klasse Job gemacht, weiter so!“

Manche von uns machen es wegen der Herausforderung. Judgen ist hart, es ist sowohl körperlich als auch geistig enorm anstrengend.

Natürlich, ein paar von uns machen es auch aus den falschen Gründen, und sie sind sich dessen meist auch bewusst.

Aber hauptsächlich machen wir unsere Arbeit, weil einer es eben tun muss. Jemand muss Stühle einrücken – nicht wortwörtlich, obwohl Judges WIRKLICH Stühle einrücken sollten.

Alle Spieler finden sich einmal in einer Situation wieder, wo sie etwas oder jemanden brauchen, der ihnen eine Frage beantwortet. Jemanden, der ihre Spiele fair und spaßig hält. Jemanden, der Paarungen aufhängt und Ergebnisse einträgt.

Judges existieren, weil die Spieler wollen, dass wir da sind.

Von den Menschen, mit den Menschen, für die Menschen

Wollt ihr wissen, was Spieler mehr als alles andere hassen? Magicspieler hassen es zu warten. Spieler hassen es in Warteschlangen zu stehen und sie hassen es, darauf warten zu müssen, dass die nächste Runde startet.

Die meisten Spieler sind nicht ungeduldig, sie erwarten nur, dass Turniere mit einer gewissen Geschwindigkeit abgehalten werden. Wenn eine Runde nicht startet, obwohl die letzte vor 20 Minuten beendet wurde, beginnen die Spieler sich zu fragen, warum. Das ist eine berechtigte Sorge. Viele Judges – vor allem diejenigen auf großen Turnieren – geben dem flüssigen Rundenablauf beinahe höchste Priorität, und das sollten sie auch. Dies ist tatsächlich der beste Weg, dem Turnier als Ganzes positiven Kundenservice angedeihen zu lassen.

Die Spieler im Turnier sind die Kunden des Veranstalters und im gewissem Sinne auch unsere Kunden. Spieler zahlen einen Eintritt an den Veranstalter, und dies ermöglicht dem Veranstalter die Räumlichkeiten zu mieten, Produkte bereitzustellen und Judges anzuheuern. Wenn die Spieler ein positives Erlebnis auf dem Turnier haben, werden sie ihren Freunden davon erzählen, was zu mehr Teilnehmern in der Zukunft führen könnte. War die Erfahrung schlecht, erzählen sie auch das weiter und die Teilnehmerzahlen gehen eventuell runter. Dies ist kein kleiner Effekt, ich wage sogar zu behaupten, dass dies den größten Einfluss auf die Teilnehmerzahlen bei lokalen Läden hat, von daher ist es besonders dort wichtig, einen Fokus auf den Kundenservice zu haben.

Judges sind das Bindeglied zwischen Veranstalter und den Spielern. Spieler rufen einen Judge für Hilfe und geben an diese auch die meisten ihrer Beschwerden und anderes Feedback weiter. Veranstalter heuern Judges an, um dieses Bindeglied darzustellen und setzen damit großes Vertrauen in diese. Sie erwarten, dass Judges den bestmöglichen Kundenservice anbieten.

Positiver, negativer und gar kein Kundenservice

Alle Tätigkeiten eines Judges, die das Judgen in gewisser Weise betreffen, sei es auf dem Turnier oder Zuhause, kann mit einem gewissen Level an Kundenservice bemessen werden, sei es für das Turnier als Ganzes oder für einen einzigen Spieler. Ich unterteile dies gerne in positiven, negativen und gar keinen Kundenservice.

Wann immer ein Judge etwas im Rahmen von positivem Kundenservice macht, profitiert ein Spieler davon direkt oder indirekt. Dies geht vom Aufsammeln von Müll am Tisch über Turnieransagen machen bis hin zum Studieren von Regeln zuhause. Es gibt verschiedene Abstufungen beim positiven Kundenservice. Zehn Stücke Müll aufsammeln ist weniger Kundenservice als den ganzen Müll zu sammeln. Judges sollten es anstreben, den bestmöglichen positiven Kundenservice zu gewährleisten, sofern dies realistisch durchführbar ist.

Ein Judge bietet immer dann negativen Kundenservice, wenn er etwas macht, was direkt oder indirekt für den Spieler schädlich oder unerwünscht ist. Ein Beispiel dafür wäre, den Müllhaufen auf dem Tisch noch weiter zu vergrößern, statt ihn aufzusammeln. Auch zählt bspw. dazu, eine Strafe auszuteilen, ohne den Grund dafür verständlich zu machen. Wir Judges sollten uns das Ziel setzen, den Spielern möglichst wenig negativen Kundenservice zu liefern.

Den Müllhaufen einfach zu ignorieren wäre ein Beispiel für gar keinen Kundenservice. Üblicherweise möchte man aber diesen aufheben, um dem Turnier positiven Kundenservice angedeihen zu lassen.

Beispiele für positiven Kundenservice

Stühle einrücken, verständliche und korrekte Rulings geben, Müll aufsammeln, Tischgarnitur ordnen, Deck Checks machen, am Rundenende bei den noch spielenden Tischen sitzen, beeinträchtigten Spielern bei der Anmeldung helfen, Appeals wahrnehmen, all dies sind Beispiele wie Judges positiven Kundenservice leisten können. Hier noch ein paar weitere Sachen, wodurch Judges positiven Kundenservice bieten oder ermöglichen können:

  • Wisse wo WCs, Geldautomaten und Essmöglichkeiten zu finden sind, falls ein Spieler fragt. Außerdem kann man vor allem bei Limited Events Standardländer und Token bei sich führen oder bereithalten, diese werden sicher gebraucht werden.
  • Wenn man zu einem Tisch gerufen wird, heb die Hand und schaffe Blickkontakt mit den Spielern, sodass diese wissen, man kommt zu ihnen. Frag die Spieler „Wie kann ich helfen?“, dies vermittelt das Gefühl, dass man da ist, um zu helfen, denn das sind wir ja auch. Außerdem, begib dich auf das (Höhen-)Level der Spieler indem du die Hände auf den Tisch abstützt. Das gibt dir auch die Möglichkeit, dich wiederaufzurichten und die Arme zu verschränken, wenn die Situation erfordert, dass du die Kontrolle übernimmst.
  • Nimm den Ergebniszettel von Spielern an, wenn sie dich darum bitten, auch wenn du dies eigentlich nicht tun müsstest. Du kannst ihm höflich erklären, wo er die Box dafür finden kann, aber dieses Mal nimmst du den Zettel.
  • Wenn ein Spieler etwas nicht versteht, verlass nicht einfach den Tisch. So gut wie immer ist es die Zeit wert, eine Interaktion oder Strafe verständlich zu machen, anstatt den Spieler ahnungslos oder unzufrieden allein zu lassen.
  • Lerne die Regeln und Richtlinien. Das steigert deine Fähigkeit, positiven Kundenservice zu bieten.

Bis zum nächsten Mal, haltet das Spiel fair, damit es weiterhin Spaß macht.