Shortcuts werden von den meisten Spielern genutzt, ohne dass sie diese kennen. Nehmen wir als Beispiel folgenden typischen Beginn eines Magic Spiels, zwischen Anton und Natalie, bei dem Anton anfängt.
Anton legt einen Wald, tappt ihn und spielt eine Jadeträgerin. Dann sagt er “Go”. Natalie zieht eine Karte und spielt ein Gebirge. Ein vollkommen normaler Ablauf – aber regeltechnisch wurde eine Unmenge an Prioritätswechseln übersprungen. Wofür braucht man nun Shortcuts, wenn wie in dem Beispiel, doch eigentlich alles klar ist? Nun, nehmen wir mal folgendes Beispiel, diesmal weiter fortgeschritten, es liegen einige Kreaturen auf dem Spielfeld.
Anton enttappt, zieht und sagt “Go”. Natalie sagt darauf: “Moment, ich spiele noch Bombardieren auf deine Jadeträgerin”. Darf Anton nun noch eine Kreatur spielen? Wo sind wir im Zug eigentlich gerade? Insbesondere in Turnieren, wo im Zweifelsfall Spieler alles legal mögliche nutzen, um zu gewinnen, kann in solchen Situationen schnell Streit entstehen.
Genau dafür sind die Shortcuts geschaffen. Sie definieren in solchen Situationen, wo wir sind und was eigentlich regeltechnisch genau passiert ist. Das man sie selten kennt, liegt einfach daran, weil sie eigentlich nur das definieren, was die meisten Spieler automatisch als richtig empfinden.
Grob kann man die Shortcuts in zwei Teile unterteilen. Das sind einmal die Shortcuts, die definieren, wo im Zug wir uns gerade genau befinden. Das andere sind die Shortcuts die mit impliziten, ungenauen oder verfrühten Entscheidungen beschäftigen. Im Folgenden werde ich die Shortcuts der Reihe nach vorstellen und kurz darauf eingehen.
Falls der aktive Spieler bei leerem Stapel die Priorität während seiner ersten Hauptphase abgibt, wird angenommen, dass der nicht-aktive Spieler im Beginn-des-Kampfes-Segment handelt, es sei denn, die Aktion beeinflusst, ob ausgelöste Fähigkeiten zu Beginn des Kampfes ausgelöst werden. Falls der nicht-aktive Spieler keine Aktion durchführt, erhält der aktive Spieler im Beginn-des-Kampfes Segment Priorität. Ausgelöste Fähigkeiten, die im Beginn-des-Kampfes-Segment ausgelöst werden (auch solche, die ein Ziel benötigen) dürfen angesagt werden, nachdem die Aktionen des nicht-aktiven Spielers verrechnet wurden.
Fangen wir direkt mit dem komplexesten und kontroversesten Shortcut an. Diese Shortcut soll die Quadratur des Kreises ermöglichen und hat folgende Ziele:
- Es soll für den aktiven Spieler keinen Möglichkeit geben, den nicht-aktiven Spieler in der Hauptphase handeln zu lassen ohne das dieser es eigentlich will
- Der aktive Spieler hingegen soll die Möglichkeit haben, im Beginn-des-Kampfes-Segment Dinge zu tun, ohne darauf explizit vorher hinweisen zu müssen.
Diese beide Dingen gehen von den Spielregeln her eigentlich nicht. Denn der erste, der in dem Beginn-des-Kampfes-Segment was tun kann, ist der aktive Spieler. Und wenn der nicht-aktive Spieler auf das “Verlassen” der Hauptphase reagiert und der aktive Spieler aber im Beginn-des-Kampfes-Segment was tun will, dann kann der nicht-aktive Spieler seine Reaktion regeltechnisch nur in der Hauptphase machen. Das ist aber nicht gewollt, weil ansonsten Spieler anfangen reine Dummy-Aktionen machen zu wollen, nur damit der nicht-aktive Spieler in der Hauptphase handelt.
Damit hat dieser Shortcut eine Besonderheit – er modifiziert eigentlich die Spielregeln. Er dreht im Prinzip die Prioritätsreihenfolge im Beginn-des-Kampfes-Segment um bzw. führt eine zusätzliche Priorität für den nicht-aktiven Spieler ein.
Zuerst kann dort der nicht-aktive Spieler was machen, dann können die ausgelösten Fähigkeiten auf den Stapel gelegt werden und ab dann geht das Segment ganz normal los.
Falls der aktive Spieler bei leerem Stapel die Priorität in seiner zweiten Hauptphase abgibt oder zu irgendeinem Zeitpunkt eine Aussage wie „Go“ oder „dein Zug“ benutzt, wird angenommen, dass der nicht-aktive Spieler im Endsegment handelt, es sei denn, die Aktion beeinflusst wie und ob ausgelöste Fähigkeiten im Ende-des-Zuges-Segment ausgelöst werden. Ausgelöste Fähigkeiten, die im Ende des-Zuges-Segments ausgelöst werden, und keine Ziele benötigen, werden verrechnet, nachdem der nicht-aktive Spieler die Priorität abgibt.
Das beantwortet das Beispiel vom Anfang. Anton darf keine Kreatur mehr spielen, da Natalie im Endsegment das Bombardieren gespielt hat.
Anders sehe es aus, wenn Natalie das Bombardieren auf eine Kreatur gespielt hätte, die eine ausgelöste Fähigkeit hat, die am Anfang des Endsegments auslöst. In dem Fall wird davon ausgegangen, dass Natalie den Spruch früher gespielt hat.
Immer wenn ein Spieler ein Objekt auf den Stapel legt, wird angenommen, dass er Priorität abgibt, sofern er nicht ausdrücklich ankündigt, dass er Priorität behalten möchte.
Damit wird ein zügiger Spielfluss sichergestellt. Ansonsten dürfte der Gegner nicht auf einen Spruch reagieren, bis der Spieler es ihm explizit erlaubt.
Achtung! Bei manchen Kombinationen aus Legacy, wie Das Auge des Löwen (Lion’s Eye Diamond) und Höllischer Lehrmeister (Infernal Tutor) muss man dafür deutlich sein:
“Ich spiele den Höllischen Lehrmeister und als Reaktion darauf, aktiviere ich das Auge des Löwen”. Sagt man nur “Ich spiele den Höllischen Lehrmeister” verpasst man den Zeitpunkt, um das Auge des Löwen zu opfern und kann daher keinen Nutzen aus der Vergessenheit ziehen.
Wenn ein Spieler mehrere Objekte auf den Stapel legt, ohne explizit Priorität zu behalten, so wird angenommen, dass der Spieler die Objekte einzeln auf den Stapel legt und verrechnen lässt, bevor er das nächste auf den Stapel legt. Möchte ein anderer Spieler zu irgendeinem Zeitpunkt während dieser Sequenz eine Aktion durchführen, so werden die Aktionen bis zu diesem Zeitpunkt zurückgedreht.
Mit diesem Shortcut wird dafür gesorgt, dass ein Spieler sagen kann “Ich zahle 20 Mana für die Fähigkeit des Dschungeljäger” und der Gegner nicht darauf reagieren kann mit “Ha, mit den 5 Aktivierungen auf dem Stapel, mache ich deinem Dschungeljäger mal einen Schaden und du hast die 20 Mana umsonst ausgegeben”. Der Gegner muss sagen, nach welcher Aktivierung er es auf den Stapel legt und dann liegt genau eine Aktivierung auf dem Stapel, alle davor sind bereits verrechnet und alle späteren sind noch nicht auf dem Stapel und die Länder dafür werden auch wieder entappt.
Wenn ein Spieler einen Spruch wirkt oder eine Fähigkeit aktiviert, die X in den Manakosten enthält, und er den Wert für X nicht angibt, so wird angenommen, dass er oder sie dafür das gesamte Mana in seinem Pool verwendet.
Mit dem Shortcut werden Szenarien wie diese verhindert:
Anton tappt 10 Wälder und spielt Erwachen der Animistin, ohne etwas weiteres zu sagen. Natalie spielt daraufhin Kalkulierte Zurückweisung und Anton sagt “Kein Problem, bezahle ich. Habe ja für X eh nur 6 gewählt.”
Wenn ein Spieler einen Spruch wirkt oder eine Fähigkeit aktiviert und eine Entscheidung trifft, die normalerweise erst bei der Verrechnung getroffen würde, so muss dieser Spieler bei dieser Wahl bleiben, sofern kein Gegner auf diesen Spruch oder diese Fähigkeit reagiert. Wenn ein Spieler nach Entscheidungen fragt, die erst bei der Verrechnung getroffen werden, so wird angenommen, dass dieser Spieler Priorität abgibt und die Verrechnung dieses Spruchs oder dieser Fähigkeit zulässt.
Dieser Shortcut regelt zwei Dinge. Zum einen sorgt er dafür, dass ein Spieler an eine verfrühte Aussage gebunden bleibt, solange sich nichts bis zur Verrechnung ändert. Das heißt, wenn ich den Nachgeben-Teil von Verfehlung // Nachgeben spiele und beim Spielen sage “Ich spiele Nachgeben auf Bombardieren” und meine Gegnerin sagt “Ok”, kann ich nichts anderes mehr wählen. Reagiert meine Gegnerin darauf, dann darf ich allerdings mich noch umentscheiden. Weil dann sich ja auch die Entscheidungsgrundlage geändert hat. Und umgekehrt, wenn ich Nachgeben spiele ohne was zu sagen und meine Gegnerin fragt mich, welche Karte ich wähle kann sie auf die Wahl nicht mehr reagieren. Mit der Nachfrage hat sie eingewilligt, den Spruch zu verrechnen, da die Wahl ja regeltechnisch erst beim verrechnen getroffen wird.
Sofern ein Spieler dies nicht anders ankündigt, wird davon ausgegangen, dass er alle Kosten von 0 bezahlt.
Dazu muss man nicht viel sagen. Sorgt für einen flüssigen Spielfluss. Man kann sich übrigens entscheiden Kosten von 0 nicht zu bezahlen – dann muss man das aber explizit sagen.
Wirkt ein Spieler einen Zauberspruch oder aktiviert er eine Fähigkeit, die ein Objekt auf dem Stapel als Ziel hat, wird angenommen, dass er den obersten legalen Zauberspruch auf dem Stapel als Ziel wählt, sofern er es nicht anders ankündigt.
Dies sorgt dafür, dass wenn Spieler sich gegenseitig Sprüche zum neutralisieren an den Kopf werfen, definiert ist was sie jeweils neutralisieren sollen – ohne das die Spieler explizit was sagen müssen.
Es wird angenommen, dass ein Spieler mit seinen Kreaturen den verteidigenden Spieler angreift, und nicht einen Planeswalker unter dessen Kontrolle, sofern er dies nicht anders ankündigt.
Liegen Planeswalker auf dem Tisch, muss man eigentlich beim Angreifen entscheiden, wen man angreift. Tut man das nicht, sorgt der Shortcut für einen definierten Zustand.
Bestimmt ein Spieler einen Planeswalker als Ziel eines Zauberspruchs oder einer Fähigkeit, der bzw. die normalerweise keinen Planeswalker als Ziel haben kann, wird angenommen, dass stattdessen der Gegner als Ziel gewählt wurde und der Schaden bei der Verrechnung des Spruches auf den Planeswalker umleitet wird. Der Spieler muss bei dieser Wahl bleiben, es sei denn, ein Gegner antwortet auf diesen Zauberpruch oder diese Fähigkeit.
Regeltechnisch kann man mit den meisten Schadensprüchen keinen Planeswalker anzielen. Man kann nur den Schaden, bei der Verrechnung auf den Planeswalker umleiten. Dieser Shortcut legalisiert die Aussage “Überragende Feuerkunst auf deinen Jace” und verhält sich ansonsten genauso wie der Shortcut bzgl. der Entscheidungen, die erst bei der Verrechnung getroffen werden.
Nutzt ein Spieler bei Aufforderung die Hellsicht-Fähigkeit nicht (oder schaut sich nach einem Mulligan nicht die oberste Karte seiner Bibliothek an), wird davon ausgegangen, dass er nicht nachschaut und sich entschieden hat, die Karten in derselben Reihenfolge oben auf seiner Bibliothek zu belassen.
Mit dem Shortcut wird verhindert, dass ein Spieler jedes mal sagen muss, dass er die Hellsicht Fähigkeit nicht nutzen will, um auf Turnieren ein Warning für eine Spielregelverletzung zu vermeiden. Wer – insbesondere nach einem Mulligan – es vergisst, hat halt Pech gehabt.
Im Two-Headed Giant Format ist der Spieler, dem der Kampfschaden zugefügt wird, zunächst nicht festgelegt. Sollte ein Team merken, dass dies relevant wird, so muss es um Klarstellung bitten oder eine neue Abkürzung definieren
Eigentlich muss im Two-Headed-Giant definiert werden, welchem Spieler Kampfschaden zugefügt wird. Dies ist aber in den allermeisten Fällen komplett irrelevant. Daher verzichtet man darauf, es immer einzufordern. Erst wenn ein Team dieses Wissen wirklich braucht, muss man es festlegen. Und dann kann man auch festlegen, dass z.B. immer dem Anton der Kampfschaden zugewiesen wird.