Befehlsturm: Wir Wachsen Zusammen – Interview mit Stefan Ladstätter

“Wir wachsen zusammen” – unter diesem Motto wird unsere Region gestaltet. Dies ist ein Interview mit Stefan Ladstätter (RC), wie es um uns als Region und Community steht.  Was sind Wir? Wo wollen wir hin?

Was gefällt dir gut an unserer Region und Community?

Wir sind eine super Judge-Community. Wir unterstützen uns, sind gut vernetzt und machen das Beste aus einer schwierigen Event-Situation – dem Fehlen von Grand Prix in unserer Region. Wir haben viele Judges, die sehr engagiert sind, wir haben viele Projekte, die auch ohne mein Zutun sehr gut laufen (z.B Judge-Blog und L2-Mentoring, Facebook-Community, etc.).
Für mich als RC kann ich mir eigentlich kein besseres Team wünschen.

Wenn jemand sich für eine Aufgabe bereiterklärt, dann wird das auch gemacht. Es gibt ein hohes Maß an Verlässlichkeit in unserer Region, das ist eine der Stärken unserer Community. Sei es die “deutsche Gründlichkeit” oder etwas anderes. Es werden die Ärmel hochgekrempelt und angepackt. Es ist erstaunlich, wie viel man schafft mit wenigen Leuten. Wenn ein neuer Judge in unsere Community kommt und sich engagiert, dann empfinde ich das immer als großes Geschenk.

Die Arbeit in der Region wird von Freiwilligen gemacht. Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass das Judge-Programm für uns ein Hobby ist, ein substanzielles Einkommen erzielt man nicht durchs Judgen.

Es gibt viele Gründe, warum sich jemand entscheidet, Teil der Community zu werden. Sei es Freundschaft, Reisen, Zugehörigkeit oder einfach nur aus Spaß an den Events. Irgendetwas holt sich jeder aus dem Judge-Programm.

Wir Judges haben öfter mit schwierigen Situationen zu tun. Der Magic Judge Code of Condukt (Verhaltenskodex) gilt natürlich, aber welche Werte wünschst du dir von unserer Community darüber hinaus?

Es gibt viele Kommunikationsangewohnheiten, die nicht in den Anwendungsbereich des Magic Judge Codes fallen, weil sie “zu harmlos” sind, die mir jedoch trotzdem nicht gefallen.

Ein Beispiel dafür ist, wenn jemand oder etwas runtergezogen oder schlecht gemacht wird. Kritik ist eine gute Sache, denn durch (kritisches) Feedback kann man lernen und etwas verbessern. Mir geht es nicht darum, zu zensieren, aber am Umgangston miteinander können wir noch arbeiten.

Es gibt da eine weite Bandbreite von Humor und spaßig gemeinten Kommentaren bis hin zu Aussagen, die andere herabwürdigen oder verletzen, oder gar bis zu Mobbing.
Es hilft uns beispielsweise nichts, wenn wir uns darüber auslassen, wie “inkompetent” andere sind. Dadurch reduziert man den Anderen auf ausschließlich diese negative Eigenschaft und baut Distanz auf. Der Tonfall ist dabei der Schlüssel. Wenn dieser zu antagonistisch ist, also aus dem Anderen ein Feindbild macht, dann wird der Gegenüber reduziert und entmenschlicht.

Wenn da eine bestimmte Grenze überschritten wird und über Dinge oder andere Mitglieder der Community hergezogen wird, dann wirkt sich das schädigend auf die gesamte Community aus. Wenn das zum Beispiel auf Discord passiert, führt das dazu, dass sich manche Judges auf Discord nicht wohlfühlen und nicht mehr mitlesen. Nun hat sich unser Discord-Server jedoch im Laufe der Zeit zur offiziellen Kommunikationsplattform unserer Region entwickelt. Der Server nimmt inzwischen einen wesentlich größeren Stellenwert ein, als beispielsweise das Judge-Apps-Forum. Wer aus Discord draußen ist, verpasst viele Informationen, verpasst den Anschluss an unsere Community. Dadurch verlieren wir nicht nur wertvolle Menschen, die sich sonst an Diskussionen beteiligen würden, es verliert auch die Region an Zusammenhalt.

Letztendlich muss man sich selbst fragen: Will ich provozieren oder Dampf ablassen, meinem Ärger oder meiner Frustration Luft machen? Oder will man eine positive Entwicklung bewirken?

Ich wünsche mir ein grundsätzliches Wohlwollen dem Anderen gegenüber. Wir sitzen alle im gleichen Boot, und werden unsere Ziele nur erreichen, wenn wir das Miteinander betonen. Hier schlägt sich auch der Bogen zum vorigen Thema: Wir sind alle freiwillig hier, aus Freude an der Sache. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir uns die Freude erhalten oder sogar noch steigern können.

Was ist unsere Vision und Mission?

Eine Vision ist wie ein Leitstern, sie gibt die grobe Richtung vor. Die Mission ist der Weg dorthin. Stellt euch vor ihr blickt zum Horizont, mit einem Gebirge und darüber die Sonne. Die Straße zum Horizont ist die Mission, und die Sonne hinter den Bergen die Vision. Auf der Straße gibt es verschiedene Etappen in die Richtung, in die wir fahren, das sind Zwischen-Ziele im Einklang mit unserer Vision.

Unsere Mission lässt sich unter dem Satz zusammenfassen: “Wir wachsen zusammen.” Diese Aussage beinhaltet zweierlei: Einmal, dass wir enger zusammenrücken – als Region und als Community, dass wir unsere Identität zusammen entdecken und als Community zusammengeschweißt werden. Es kann aber auch so verstanden werden, dass wir zusammen wachsen – wir helfen uns gegenseitig, über uns hinauszuwachsen, menschlich aber auch was unsere Fähigkeiten und unser Wissen anbelangt.

Unsere Vision beantwortet die Frage: “Wofür machen wir das?”. Die Antwort: Für ein besseres Judge-Umfeld in unserer Region. Wir wollen uns als Judges wohl und sicher fühlen, Ressourcen haben. Und dafür ist es wichtig, zusammenzuwachsen, zusammen zu wachsen, uns zu stärken und gemeinsam in diese Richtung zu gehen.

Welche Identität wollen wir ausstrahlen, wie sollen andere Judge Regionen und die Spieler uns – als Judges und eigenständige Region und Community – wahrnehmen?

Judges sind Unterstützer, in einer Rollenspiel-Party wären wir Heiler, und ab und zu auch Tank 😀

Reduzieren kann man das auf drei Aspekte, die einen geschlossenen Kreis ergeben:

  1. Hilfreich sein: Wir arbeiten im Dienst der Community. Wir sind Support, wir wollen, dass alles reibungslos abläuft. Wir helfen und sorgen dafür, dass sich die Mitglieder der Community wohlfühlen, sei es bei Magic-Events oder auch auf sozialen Medien, die mit Magic in Verbindung stehen, oder bei der Arbeit an Projekten in der Judge-Community.
  2. Kompetenz: Bei Regelfragen, Policy (JAR bzw. IPG) und Soft Skills. Professionalität von uns als Community und für unsere Turniere. Es gibt einen interessanten Spruch vom Theater: “Das Schauspielern fängt erst an, wenn man den Text richtig kann.” Vorher ist man derart damit beschäftigt, die richtigen Worte auszusprechen. Der richtige Tonfall, die Mimik und Gestik, kann man erst einstudieren, wenn man den Text auswendig kennt. Wenn ich zu einem Tisch gehe und die Regeln nicht kann, dann bin ich unsicher und es steigt leichte Panik auf: Werde ich diese Situation meistern können? Das macht keinen Spaß.

Und damit kommen wir zum dritten Faktor:

  1. Spaß: Ich glaube, wir könnten nicht Judges sein, wenn uns die Arbeit als Judge keinen Spaß machen würde. Ohne Spaß verlieren wir die Motivation uns einzusetzen und andere zu unterstützen (siehe Faktor 1) und uns weiterzuentwickeln und unsere Fähigkeiten zu verbessern (Faktor 2).

Gibt es allgemein Pläne für die Zukunft der Judges und für die Region? Neue Projekte, Umstrukturierungen, von denen du uns jetzt schon erzählen oder einen Vorgeschmack geben kannst?

Die wohl spannendste Neuentwicklung betrifft die Änderungen am Organized Play, die Abschaffung der PPTQs und der Einführung von neuen Qualifikations-Events für die Pro Tour. Hier wissen wir noch zu wenig, um abschätzen zu können, welche Auswirkungen das auf das Judge-Programm haben wird.

Innerhalb unserer Region sind sonst keine großen Umwälzungen geplant, aber es gibt ein paar Dinge hinter den Kulissen, die sich ändern werden.

So wird es zum Beispiel die Leadership-Gruppe nicht mehr in der bisherigen Zusammenstellung geben, sondern wieder zu einer reinen Area-Captain-Gruppe verkleinert. Die Vergrößerung der Gruppe entstand aus der Idee, dass besonders engagierte L2s durch die Arbeit in der Leadership-Gruppe wertvolle Skills lernen, die ihnen auf dem Weg zu L3 helfen werden. Jedoch hatte es auch einen unbeabsichtigten und ungewünschten Nebeneffekt: Einige interessante Diskussionen, die eigentlich in der großen Judge-Community stattfinden sollten, fanden nur noch hinter verschlossenen Türen statt. Dadurch ist ein wenig die Verbindung zur Gesamt-Community verloren gegangen. Einige Themen und Projektideen sind versandet, weil die Leadership-Gruppe einerseits zu groß war, um Konsens zu erreichen, andererseits jedoch auch viel zu klein, um die Ziele intern alle umzusetzen. Dadurch entstand bei vielen das Gefühl, dass alle Initiativen und größeren Projektideen über die Leadership laufen müssen, was natürlich ein wenig lähmend ist. Alle sollen die Möglichkeit haben, sich in unserer Region zu engagieren und mitzugestalten. In der neuen/alten AC-Gruppe werden zum größten Teil die Themengebiete abgedeckt, die die Areas betreffen.

Auch gibt es in unserer Region einige L1 Judges, die sich sehr wohl in ihrer Rolle fühlen. Mit dem L1 Refresher-Test versuchen wir das Wissen und Können dieser Judges auf angemessenem Niveau zu halten. Auch durch verschiedene kleine Projekte können und sollten wir mehr auf diese Judges eingehen, um eine gewisse Sensibilität und Bewusstsein für verschiedene Themen zu bieten.

Gibt es noch irgendwelche Tipps, Erfahrungen oder Ansporn, die du mit uns teilen möchtest?

Das Geheimnis des Judge-Daseins besteht darin, sich auszuprobieren, neue Erfahrungen zu sammeln und neue Fähigkeiten zu erlernen. Es gibt kaum ein Umfeld, wo man so viel Unterstützung bekommt. Man kann unglaublich viel aus dem Judge-Programm rausholen, was nicht mit Geld oder sonstigem zu vergleichen ist. Mein größter Tipp an jeden Judge ist daher: Werde dir klar, was du von dem Judge-Programm möchtest. Was motiviert dich, was begeistert dich, was möchtest du zurückbekommen?

Es braucht Erfahrung zu lernen, was einem Spaß macht, was die eigenen Stärken und Schwächen sind. Aber wenn man es gelernt hat, dann kann man sich das Leben viel leichter machen, indem man Aufgaben an andere übergibt, die das besser können, mehr Spaß daran haben. Im Gegenzug hat man mehr Kapazität dafür, andere Aufgaben zu übernehmen, die einem besser liegen.

Alles was euch zum Nachdenken bringt, Probleme, Sinnkrisen, Motivationstiefs… Das gehört dazu. Wir sind immer sehr stark auf uns selber konzentriert, aber es bringt viel, dass man bei Zweifeln und Problemen darüber spricht. Das könnt ihr mit mir, das ist mein Job als RC, oder mit anderen Judges eures Vertrauens. Ihr seid nicht allein und in unserer Community gibt es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit jemanden, der euch bei euren Problemen oder Fragen gut unterstützen kann und wird. Manchmal reicht schon das Wissen, dass man nicht alleine ist, um mit Situationen besser umgehen zu können.

Der Judge, der sich vernachlässigt oder übersehen fühlt, ist nur eine Discord-Nachricht oder eine E-mail entfernt von Zuspruch oder Hilfe. Negatives in sich reinzufressen und niemandem zu erzählen, was los ist, ist keine Lösung – vielleicht ist das ein Lernschritt, den wir momentan als nächstes machen müssen.