Mehrspielerformate und ihre Besonderheiten

Two-Headed Giant, Oathbreaker, Commander, Emperor, Archenemy, …. . Die Liste der Mehrspielerformate ist lang, und beinhaltet hauptsächlich Formate, welche nicht auf Turnieren gespielt werden. Manche von ihnen, wie zum Beispiel Commander, erfreuen sich größter Beliebtheit und haben sogar ihren Einzug ins Set-Design gefunden. Während Mehrspielerpartien natürlich grundsätzlich denselben Regeln folgen wie das Spiel zu zweit, so gibt es doch einige Besonderheiten, denen sich immerhin ein ganzer Abschnitt der Comprehensive Rules widmet. Wir wollen hier die wichtigsten Sonderregeln für Mehrspielermagic einmal etwas genauer ansehen.

Spielt ihr mit mehr als zwei Spielern, so ist üblicherweise stets ein Spieler am Zug; dies ist dann der aktive Spieler. Alle anderen sind nichtaktive Spieler, und alle Entscheidungen, wie zum Beispiel das Übergeben von Priorität, werden in Zugreihenfolge getroffen. Darüber hinaus gibt es regeltechnisch gegenüber dem Spiel zu zweit drei nennenswerte Unterschiede:

  • Erstens dürft ihr als erster Spieler auch im ersten Zug eine Karte ziehen (außer im Format Two-Headed Giant). Der Vorteil des ersten Zugs bei mehreren Spielern ist nicht mehr so stark. Das Überspringen des ersten Ziehsegments wäre aber ein erheblicher Nachteil, daher gilt hier die Play/Draw-Regel nicht.
  • Zweitens ist der erste Mulligan für jeden Spieler ‘gratis’. Beim ersten Mulligan dürft ihr erneut sieben Karten ziehen, die ihr alle behalten könnt.
  • Der dritte Unterschied ist regeltechnisch am trickreichsten. Das Spiel geht nämlich für gewöhnlich weiter, falls einer der Spieler verliert. Was vielleicht auf den ersten Blick sehr einfach erscheint, wirft beim näheren Hinsehen gleich eine ganze Reihe von Fragen auf: Was passiert mit den Karten dieses Spielers, die jemand anderes kontrolliert? Was passiert mit den Karten anderer Spieler unter der Kontrolle eines Spielers, der verliert? Wie verhält es sich, wenn ein Spieler während des eigenen Zuges ausscheidet? Diese und ähnliche Situationen sind in Formaten wie Commander durchaus üblich. Und zum Glück ist genau geregelt, was in solchen Szenarien passiert.

Wenn ein Spieler das Spiel verlässt, so werden einige Aktionen abgehandelt: Zunächst wird von euch nicht erwartet, eure eigenen Karten im Spiel zu lassen, nachdem ihr selbst das Spiel verlassen habt. Ihr müsst nicht warten, bis das Spiel vorbei ist, bis ihr euer Deck mitnehmen könnt. Daher verlassen alle Karten, die ihr besitzt, das Spiel, wenn ihr das Spiel verlasst, unabhängig davon, wer diese Karten kontrolliert und ob diese sich im Spiel oder auf dem Stapel befinden. Ebenso verlassen alle Spielsteine, die ihr besitzt, das Spiel mit euch. Hier ist wichtig, dass der Besitzer eines Spielsteins der Spieler ist, unter dessen Kontrolle der Spielstein erzeugt wurde, was nicht notwendigerweise der Besitzer des Effekts sein muss, der den Spielstein erzeugt hat. Anders herum enden auch alle Effekte, die euch die Kontrolle über Karten geben, die andere Spieler besitzen. Dies betrifft aber nur Effekte. Daher gibt es hier eine wichtige Ausnahme.

Wenn eine Karte, die ihr nicht besitzt, unter eurer Kontrolle ins Spiel kommt, zum Beispiel durch Von den Toten auferstehen, dann ist es kein Effekt, der euch die Kontrolle gewährt, sondern eine Regel (eine bleibende Karte wird von dem Spieler kontrolliert, unter dessen Kontrolle sie ins Spiel kam). Daher werden solche Karten hier nicht an ihren Besitzer zurückgegeben. Stattdessen wird alles, was ihr jetzt noch kontrolliert ins Exil geschickt, und alle Objekte auf dem Stapel, die ihr kontrolliert, wie zum Beispiel ausgelöste Fähigkeiten, werden vom Stapel entfernt. All diese Aktionen werden sofort durchgeführt, wenn ihr das Spiel verlasst, sogar während der Verrechnung eines Zauberspruchs oder einer Fähigkeit. Falls ihr gerade am Zug seid, so wird der aktuelle Zug ohne einen aktiven Spieler weitergespielt. Es werden trotzdem alle Phasen abgehandelt. Dadurch enden auch alle Effekte, die nur bis zum Ende des Zuges wirken, tatsächlich am Ende dieses Zuges.

Von nun an werden alle Effekte, die sich auf den ausgeschiedenen Spieler beziehen, ignoriert. Wird zum Beispiel mit dem Blizzardkauz eine Karte ins Exil geschickt und deren Besitzer verlässt das Spiel vor Ende der Runde, dann wird der Teil der Fähigkeit des Blizzardkauzes, der die Karte zurück ins Spiel bringt, ignoriert. Allerdings gibt es hier gewissermaßen einen Spezialfall, der gesondert geregelt ist: Falls ein Effekt endet, der euch die Kontrolle über ein Objekt gibt, das zuvor unter der Kontrolle eines Spielers stand, der das Spiel verlassen hat, dann wird dieses Objekt ins Exil geschickt. Dies kann nur in seltenen Fällen auftreten, zum Beispiel, wenn ein Gegner mit Von den Toten auferstehen eine eurer Kreaturen ins Spiel gebracht hat, ihr diese mit Verräterische Tat übernommen habt und dieser Gegner in diesem Zug das Spiel verlässt. Durch diese Regelung ist klargestellt, dass eure Verräterische Tat auch hier tatsächlich nur bis zum Ende des Zuges wirkt. Auch sollen natürlich Effekte, die sich auf den nächsten Zug eines Spielers beziehen, wie zum Beispiel der von Zweikampf, sinnvoll funktionieren, wenn der entsprechende Spieler das Spiel verlassen hat. Deswegen gilt für solche Effekte in diesem Fall, dass sie so lange wirken, bis der Zug dieses Spielers beginnen würde. Diese Regeln sind so aufgesetzt, dass das Ausscheiden eines Spielers möglichst intuitiv funktioniert. Es gibt aber, wie wir gesehen haben, trotzdem zahlreiche Spezialfälle, für die eine detaillierte Regelung nötig ist.

Diese Regeln finden ganz allgemein in Mehrspielerformaten Anwendung. Dazu gibt es eine Vielzahl von Varianten und Formaten, mit denen Teams und Siegbedingungen festgelegt werden, zusätzliche Regeln dazukommen oder Einschränkungen eingeführt werden.

Eine besondere Rolle nimmt das weit verbreitete und sogar sanktionierte Format Two-Headed Giant ein. Bei dieser Variante, in der zwei Teams aus je zwei Spielerinnen gegeneinander antreten, handelt es sich um eine Art Zwischending zwischen Zwei- und Mehrspielermagic. So gilt, dass das erste Team im ersten Zug keine Karte ziehen darf, und das Ausscheiden von Spielerinnen kommt ebenso nicht vor. Allerdings ist der erste Mulligan für jede Spielerin ‘gratis’. Dazu kommen einige Besonderheiten, die daher rühren, dass sich je zwei Spielerinnen einen Zug teilen. So gibt es statt einer aktiven Spielerin jetzt ein aktives Team, und die Reihenfolge von Aktionen, wie dem Auslösen von Fähigkeiten oder das Ziehen von Karten innerhalb des Teams, können die Spielerinnen frei entscheiden. Auch zusätzliche Züge erhält das Team stets gemeinsam, und falls ihr in die Lage kommt, eine Gegnerin zu kontrollieren, so kontrolliert ihr gleich ihr ganzes Team. Zudem folgt der Kampf nun etwas anderen Regeln. Euer Team deklariert gemeinsam Angreifer. Allerdings müsst ihr für jede Kreatur zusätzlich festlegen, welche Spielerin sie angreifen soll. Da das gegnerische Team auch gemeinsam Blocker deklariert und eure Gegnerin auch solche Kreaturen blocken darf, die ihre Teamkollegin angreifen, scheint dies zunächst nicht wichtig zu sein. Von Bedeutung wird eure Wahl dann, wenn es Einschränkungen gibt, die für den Angriff gelten.
Zum Beispiel falls eine eurer Gegnerinnen im letzten Zug einen Abweisender Geist gespielt hat. Dann könnt ihr immer noch den Angriff auf ihre Teamkollegin deklarieren, ohne etwas zu bezahlen. Ebenso müsst ihr festlegen, wen euer Verstandesräuber angreift (und somit aus wessen Deck potentiell eine Karte ins Exil geschickt wird), bevor das gegnerische Team Blocker deklariert.

Dies sind nur die wichtigsten der regeltechnischen Besonderheiten, die im Mehrspielermagic gelten. Doch gerade weil es sich oft um Casual Formate handelt, die sehr weit verbreitet sind, sind dies oft benötigte Regeln, selbst wenn sie auf sanktionierten Turnieren nur selten Anwendung finden. Dazu werden ständig neue Varianten und Formate ausprobiert, von denen einige auch explizit in den Comprehensive Rules erklärt werden. Für die Vielfalt und die zukünftige Entwicklung von Magic jedenfalls sind Mehrspielerformate nicht mehr wegzudenken.