Judge Steckbrief: Stefan Ladstätter Teil 2

Stefan Ladstätter

Stefan Ladstätter

Willkommen zu unserem zweiten Teil des Steckbriefs von Stefan Ladstätter.
In unserem ersten Teil hat Stefan uns verraten, wie er Judge geworden ist und wie sein weiterer Weg zum Level 3 Judge aussah. Aber wie ist er Regional Coordinator geworden und welche Aufgaben hat ein RC? Dies erfahrt ihr in unserem zweiten Teil.

Judge Blog: Inzwischen bist du Regional Coordinator der deutschsprachigen Region. Wie kam es dazu, dass du diese Aufgabe übernommen hast?

Stefan: Michael Wiese hatte sich entschlossen, den Job an den Nagel zu hängen, und hatte seine Entscheidung unseren L3s vorangekündigt. Ich konnte mir erst mal überhaupt nicht vorstellen, in Michaels Fußstapfen zu treten.

Ich begann jedoch, über meine Zukunft im Judge-Programm nachzudenken. Ich hatte das Gefühl, als L3 bereits viel erreicht zu haben. Ich hatte keine Ambitionen, in Richtung L4 zu gehen (zu viel Arbeit, und ich sah mich nicht als GP-HJ). Ich wusste jedoch auch nicht, welche neuen Herausforderungen es für mich geben könnte.

Kurze Zeit später wurde die “New New World Order” veröffentlicht: L4s und L5s wurden abgeschafft, L3s konnten sich nun entscheiden, eine von drei Spezialrollen anzustreben: GP Head Judge (Events), Regional Coordinator (Community) und Program Coordinator (Philosophy). Erst sah ich mich in keiner der Rollen so richtig wieder, ich sah mich eher als Allrounder. Aber je mehr ich darüber nachdachte und auch andere Judges um ihre Meinung fragte, fühlte sich das wie eine Fügung des Schicksals an: ich suchte nach einer Herausforderung, und prompt wird der Posten des RCs frei.

Ich gab mir einen Ruck und begann, den harten Weg durch das RC-Panel zu gehen. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Judge Blog: Gönne uns doch bitte einen Einblick in die Arbeit eines Regional Coordinators: Welche Aufgaben fallen in deinen Bereich als RC, wie sieht der Alltag als RC aus und welche Aufgaben sind besonders schwierig?

Stefan: Ich verbringe im Schnitt ungefähr eine Stunde pro Tag mit RC-Aufgaben, mal mehr, mal weniger. Es gibt ein paar administrative Dinge, wie Foils sortieren (z. B. für den Versand von Exemplar und weil sie so schön glitzern) und Reports schreiben, aber hauptsächlich ist es Kommunikation: Rat & Tat für allerlei Sorgen (sowohl von Judges als auch von TOs), Vermittlung von Judges und Judge-Interessenten, Besuch in Discord, Austausch mit den Area Captains und Projekt-Leadern, Brainstorming von Projekt-Ideen, Delegieren von Tasks (und Anpingen, damit was weitergeht), Austausch mit anderen RCs, Teilnahme an der L3-Community, Austausch bei Events, Mentoring (sowohl in unserer Region als auch außerhalb), Organisation von (und Teilnahme an) Konferenzen, … Hört sich arg viel an, aber ich mache das unglaublich gerne! Und das geht wunderbar neben meinem Job, z. B. in Arbeitspausen. Zum Glück habe ich ein wunderbares Verhältnis mit meinem Boss, der hat nie ein Problem damit, wenn ich den RC raushänge, und er gibt mir auch immer frei für Events.

Judge Blog: Bei welchen Themen siehst du für unsere Region noch Verbesserungspotential und in welche Richtung möchtest du unsere Region entwickeln? Was sind aus deiner Sicht die Besonderheiten unserer Region?

Stefan: Ich trauere den alten PTQs und den zahlreichen GPs in unserer Region nach. Die gibt es nicht mehr, und dadurch gibt es auch weniger Gelegenheit, mit anderen deutschsprachigen Judges bei Turnieren zu judgen und voneinander zu lernen. Das ist mit ein Grund, warum wir im Vergleich zu BeNeLux so wenige L3s in unserer Region haben (und die wenigen, die wir haben, sind aus unterschiedlichen Gründen nur begrenzt in der Region aktiv).

Erfreulicherweise gibt es nicht wenige L2s in unserer Region, die viel Verantwortung übernehmen und auch Zeit haben, zu GPs zu fahren. Dort können sie Erfahrungen sammeln und Bekanntschaft mit der globalen Judge-Community machen. Ich bin daher optimistisch, dass wir 2019 den einen oder anderen neuen L3 haben werden.

Sonst sehe ich Verbesserungspotential in der regions-internen Kommunikation. Das Forum wird wenig genutzt, die meiste Aktivität ist auf unseren Discord-Server abgewandert. Ich sehe dort viel Verbesserungspotenzial und hinter den Kulissen wird daran gearbeitet, sicherzustellen, dass unser Discord-Server ein Ort ist, wo sich jeder willkommen fühlt. Erste Schritte sind bereits sichtbar, u. A. gibt es nun für neue Mitglieder eine Willkommens-Nachricht, die in Kurzform Verhaltensregeln auflistet.

Besonders brisante Themen sind Inklusivität und Diversität, da gibt es schön langsam immer mehr Einsicht, wie sehr bestimmte Gruppen unter den bestehenden Gesellschaftsverhältnissen leiden. Die Magic-Community ist da ein Vorreiter, das will ich auch in unserer Region unterstützen. Das geht nicht von heute auf morgen, aber durch stete Aufklärungsarbeit glaube ich sehr wohl, dass sich bei uns etwas ändern kann.

Judge Blog: Was motiviert dich als Judge?

Stefan: Es gibt viele Aspekte, die mich begeistern, Teil der Judge-Community zu sein. Zum einen kann ich im Judge-Programm meine Abenteuerlust ausleben. Ich reise ständig zu irgendeinem Event oder einer Konferenz, wo ich teilweise auch verantwortungsvolle Rollen einnehme. Dabei gibt es natürlich auch eine Ungewissheit — werde ich den Ansprüchen genügen? Wird alles klappen? Wenn etwas nicht klappt, werde ich es schaffen, die Situation zu meistern? Werden die Judges in meinen Teams ein zufriedenstellendes Wochenende haben?

In meinen Jahren als Judge habe ich natürlich viele Freunde im Judge-Programm gewonnen, und diese immer wieder zu treffen und voneinander zu lernen ist ebenfalls eine wichtige Motivation für mich.

Aber womöglich der stärkste Anreiz und eines der wohl gehütesten Geheimnisse, die das Judge-Leben so attraktiv für mich machen, ist die Möglichkeit, sich als Mensch weiterzuentwickeln. Fast nirgendwo findet man ein Umfeld, in dem man derart beim Lernen und Experimentieren unterstützt wird. Je mehr man hineinsteckt, desto mehr bekommt man zurück. All die Zeit und das Geld, dass ich in meine Judge-Karriere gesteckt habe, hat sich durch die vielen Fähigkeiten, die ich mir aneignen konnte, hundertfach bezahlt gemacht. Und dieser Prozess ist keineswegs zu Ende! Ständig gibt es mehr Gelegenheit zu lernen und neue Erfahrungen zu machen. Ich bin viel glücklicher mit mir als Mensch als noch vor zehn Jahren, und das ist auch dem Judge-Programm zu verdanken.

Judge Blog: Welches Format spielst du am liebsten und welche ist deine Lieblingskarte?

Stefan: Da ich viel unterwegs bin, habe ich wenig Zeit für FNMs, und am Wochenende bin ich lieber Judge als Spieler. Wenn ich doch zum Spielen komme, dann hauptsächlich Sealed, denn da muss man kein vorgefertigtes Deck besitzen und es ist relativ abwechslungsreich. Außerdem kann man sich so herrlich mit dem schlechten Pool rausreden!

Mein absolutes Lieblingsformat ist jedoch Judge-Tower, denn nicht nur ist es lustig, in sehr kurzer Zeit zu sterben, man lernt auch gleich noch einen ganzen Haufen über die Mechaniken von Magic.

Bei meiner vorletzten USA-Reise habe ich mit ein paar Freunden Typ 4 gespielt, ein Multiplayer-Format mit gemeinsamen Deck. Das hat enorm viel Spaß gemacht und seither will ich mir einen eigenen Stack bauen.

Meine Lieblingskarte ist Verkörperung des Schicksals. Die Karte trieft vor Flavor und hat eine mächtige Mechanik, die damals einzigartig war, und die sie spielstark sowohl im Early Game als auch als Finisher macht. Natürlich ist auch Nostalgie mit dieser Karte verbunden. Ich habe gute Erinnerungen an die Zeiten, als ich sie in meinem Standard-Deck hatte. Ähnlich nostalgische Gefühle hege ich auch für Halbgott der Rache, mit dem ich so einige FNMs unsicher gemacht habe… Durch ihn wurde ich auf die vielen leckeren Regel-Spitzfindigkeiten aufmerksam. Insbesondere, wenn er in Reaktion auf seine ausgelöste Fähigkeit vom Gegner neutralisiert wurde,  wurde dies mit meinem teuflischen Gekichere belohnt.

Judge Blog: Welche Farbe oder Farbkombination repräsentiert am besten deinen Charakter und warum?

Stefan: An Weiß mag ich die Ordnung und den Zusammenhalt, die Loyalität und das Commitment. Ich möchte, dass sich andere auf mich verlassen können, und ich möchte mich auf andere verlassen. Daher schätze ich auch Aufrichtigkeit sehr. Gleichzeitig habe ich eine ambitionierte Ader (statt Pro Player bin ich allerdings L3 geworden). Ich schaue auch darauf, dass meine eigenen Interessen nicht zu kurz kommen: Wenn es keinen Spaß macht oder ich nichts Neues lernen kann, verliere ich rasch das Interesse. Das sind eher schwarze Qualitäten… oh weh, ich fürchte, ich bin Orzhov!

Judge Blog: In welchem Local Store bist du anzutreffen?

Stefan: Mein Local Store ist der nächste Grand Prix ^__^