Barrieren abbauen

Dieser Artikel stammt von Dustin de Leeuw

Dieser Artikel stammt von Dustin de Leeuw

Alle, die sich für ein Turnier anmelden, wollen spielen und Spaß haben. Allerdings müssen manche Leute mehr Hürden nehmen als andere, um dieses Ziel zu erreichen. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf Bedürfnisse, die manche Spieler haben können, Herausforderungen, vor die manche Judges gestellt werden und wie wir gemeinsam ein schönes Turnier für alle auf die Beine stellen.

Kommunikation

Das Wichtigste ist, mit der Person, die besondere Bedürfnisse hat, zu sprechen, zuzuhören und zu fragen, was genau er braucht und wie du helfen kannst; du solltest nicht annehmen, dass du weißt, was in diesem Fall hilft. Falls dir der Spieler seine Bedürfnisse mitteilen kann, bist du wahrscheinlich in der Lage eine bessere Lösung zu finden als der Spieler selbst im Kopf hatte. Aber es ist äußerst wichtig, das sehr respektvoll zu tun: Stelle die Bedürfnisse des Spielers nicht in Frage und nimm seine Bitte ernst. Es passiert, falls überhaupt, extrem selten, dass ein Spieler um eine besondere Behandlung bittet, die er nicht benötigt.

Das aller Wichtigste ist mit dem Spieler zu reden, der dich um Hilfe bittet. Sprich direkt mit dem Spieler, nicht mit einem Freund oder Begleiter. Er ist ein Spieler in deinem Turnier, genau wie alle anderen Spieler, und erwartet auch als Person behandelt zu werden. Falls ein Spieler einen Dolmetscher dabei hat (zum Beispiel einen Dolmetscher für Zeichensprache wegen einer Hörbehinderung), solltest du dir nochmal bewusst machen, dass du immer noch mit dem Spieler sprichst und auch diesen und nicht seinen Dolmetscher ansprichst. Währenddessen solltest du auch mit dem Spieler Augenkontakt halten. Ziemlich zu Beginn deiner Judgelaufbahn hast du gelernt, Judgecalls auf Augenhöhe anzunehmen. Das gilt im Besonderen, wenn du mit Rollstuhlfahrern sprichst. Falls möglich, solltest du dir einen Stuhl nehmen und dich selbst hinsetzen. Das bringt das Gespräch auf eine Ebene und macht alles viel leichter und natürlicher.

Falls du in diesem Moment nicht genug Zeit hast, um zu reden, äußere das klar und deutlich. Wenn du zum Beispiel gerade den letzten Ergebniszettel der Runde zum Scorekeeper bringen willst, als dich ein Spieler anspricht, ist das sicher nicht der beste Zeitpunkt, um diesem Spieler deine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Meistens brauchst du auch nur ein paar Sekunden, um das zu erklären. Sag ihm, dass du sofort für ihn da bist, sobald du deine aktuelle Aufgabe erledigt hast und sag ihm, wann und wo ihr euch treffen wollt. Falls das der Beginn der nächsten Runde sein soll, sag direkt, dass du natürlich Extra-Zeit vergeben wirst. Dadurch wird das Turnier nicht für alle länger, aber du kannst dem Spieler trotzdem die Aufmerksamkeit schenken, die er benötigt und verdient. Der springende Punkt hierbei ist, klar zu kommunizieren, warum du im Moment keine Zeit hast, aber dass du ein paar Minuten später Zeit haben wirst und dass es die Turniererfahrung des Spieler nicht negativ beeinflussen wird.

Beziehe andere in deine Lösungen mit ein

Eines meiner Lieblingszitate von Andy Heckt ist: “Falls du etwas alleine machst, machst du es falsch.” Sobald du die speziellen Bedürfnisse eines Spielers verstanden hast, überlege dir, wen du in die Lösung mit einbeziehen kannst oder solltest. Eventuell ist es der Scorekeeper, der Turnier-Organisator, ein anderer Judge, aber sehr wahrscheinlich wird der Spieler selbst daran beteiligt sein. Ihn dazu ermächtigen, selbst Teil der Lösung zu sein und die Zügel in die Hand zu nehmen, stärkt zum einen sein Selbstbewusstsein und lässt die Lösung wahrscheinlicher funktionieren. Sei kreativ, sei aktiv und hab keine Angst, Vorschläge zu machen oder neue Dinge auszuprobieren, aber nimm auch Feedback von Anderen an.

Wenn du zum Beispiel auf einem Magic-Fest Judge bist, wirst du von Leuten mit einem unglaublichen Erfahrungsschatz umgeben sein und damit Zugriff auf ein riesiges Arsenal an Tipps und Tricks haben. Und falls du dir verloren vorkommst, wird dir jeder, der ein rotes Hemd trägt, gerne helfen oder dich an jemanden verweisen, der helfen kann. Scorekeeper sind richtige Zauberer und können viele Probleme lösen. Neben anderen Dingen können sie für einen Spieler einen festen Tisch vergeben. Aber welcher Tisch ist dafür am Besten geeignet? Das kann meistens der Spieler selbst am Besten entscheiden. Manchmal hat der Spieler auch schon Erfahrung und kann genau sagen, welcher Tisch am Besten passt. Falls der Spieler das nicht weiß, könnt ihr zusammen durch die Halle gehen und einen geeigneten Tisch aussuchen oder du kannst den Spieler bitten, das alleine zu tun und dann seine Entscheidung dir oder dem Scorekeeper mitzuteilen. Und falls der Spieler keine Vorliebe hat, keine Erfahrung im Finden geeigneter Plätze in einer solchen Umgebung oder bei einer solchen Veranstaltung, kannst du Vorschläge aufgrund deiner eigenen Erfahrungen und deines Wissens als Judge machen. Du kannst sogar noch besseren Service bieten, wenn du hin und wieder vorbeischaust und nachfragst, ob der Spieler mit seinem Platz noch zufrieden ist. Es kann sein, dass im Laufe des Turniers der Platz wegen unvorhersehbaren Gründen nicht mehr passt oder die Vorlieben des Spielers sich geändert haben.

Sorg für ein faires und angenehmes Turnier

Es ist eine deiner Hauptaufgaben als Judge ein schönes Turnier auf die Beine zu stellen, bei dem alle Spieler gleich und gerecht behandelt werden. Das heißt, dass es Grenzen für die Dinge gibt, die du tun kannst und wir müssen dafür sorgen, dass alle Spieler die Regeln einhalten. Andere Spieler verstehen normalerweise, dass manche Personen besondere Bedürfnisse haben, aber du solltest dich darauf einstellen, dass du erklären musst, dass du manchen Spielern keinen Vorteil verschaffst, sondern nur Nachteile verringerst. Sei großzügig, wenn du bei Bedarf Extra Zeit gibst, aber respektiere den Spieler genau so wie andere Spieler und dazu gehört auch, dass du ihn für seine Taten verantwortlich hältst. Das beinhaltet zum Beispiel, die Deckliste zu spät abzugeben, mehrdeutige Namen aufzuschreiben (eventuell wegen Legasthenie) oder die Bibliothek des Gegners umzuwerfen – dies sind immer noch Regelverstöße und sollten so behandelt werden. Mach dir nicht zu viele Sorgen um Outside Assistance (oder Beschwerden darüber), falls ein Spieler einen Helfer mitbringt, um zu mischen, Lebenspunkte aufzuschreiben … , solange der Spieler seine Entscheidungen alleine trifft.

Ein paar Beispiele, wie wir als Judges helfen können:

  • Falls du siehst, dass ein Spieler Probleme hat, einen Sealed Pool zu registrieren, frag ihn, ob er Hilfe braucht. Es kann sein, dass er an Legasthenie leidet und vielleicht hilft es ihm, wenn du ihm zeigst, dass er die Karten auch anhand der Sammlernummern anstatt alphabetisch sortieren kann – dies nimmt eventuell schon einige Last von seinen Schultern.
  • Vor Turnierbeginn hat der Head Judge oft ein Zeitfenster, in dem er künstlerisch veränderte Karten oder Hüllen beurteilt. Du kannst dann auch anbieten, dir Decklisten anzuschauen, ob du alle Karten eindeutig identifizieren kannst.
  • Überlege dir, ob du gleich zwei feste Tische anbietest, so dass der Spieler mit besonderen Bedürfnissen immer neben seinem Freund sitzen kann, der ihm zum Beispiel beim Mischen hilft.

 

Obwohl wir uns manchmal sehr anstrengen sollten, um unseren Spielern entgegenzukommen, können wir das manchmal einfach nicht sinnvoll machen. Wir müssen uns auch um die anderen Spieler im Turnier kümmern und auch wir als Judges sollten uns bei dem, was wir tun, wohl fühlen. Falls ein Spieler mehr als 10 Minuten nach Rundenbeginn zu seinem Tisch kommt, sollte er, egal ob er einen plausiblen Grund dazu vorbringt, ein Match Loss erhalten (aber nicht vom Turnier ausscheiden, falls das nicht explizit gewünscht wird), da es nicht möglich ist, alle anderen Spieler unvernünftig lange warten zu lassen. Falls ein Spieler dich bittet, ihm während des ganzen Drafts zu helfen, indem du die Booster für ihn handhaben sollst, bedeutet das, dass du währenddessen keinem Anderen helfen kannst. In diesem Fall könntest du vorschlagen, dass sie selbst Jemanden mitbringen, der ihnen helfen kann, am Draft teilzunehmen, ohne alle Judges in Beschlag zu nehmen. Falls es einem Spieler unangenehm ist, Warnings zu erhalten, die er als normale Spielfehler wahrnimmt, kannst du vorschlagen, dass er eventuell besser an einem Regular REL (Side) Event teilnimmt. Und falls du unsicher bist, bitte jemanden um Rat!

Auch wenn manche Spieler etwas mehr Hilfe benötigen, um ins Turnier zu kommen als andere, haben alle Spieler ein faires und schönes Turnier verdient und ich hoffe, dass dieser Artikel dich mit ein paar neuen Mitteln ausgestattet hat, um das zu erreichen.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und viele Grüße,

Dustin.

Anmerkung des Übersetzers: In diesem Bericht wurde immer von einem Spieler (er, sein) gesprochen. Dies liegt nicht daran, dass ich alle anderen bewusst ausschließen möchte oder nicht darüber nachgedacht habe, sondern dass jeder Versuch, es allgemein zu formulieren – auch wegen fehlender geschlechtsneutraler Pronomina – zu fast unverständlichen Satzkonstruktionen führte.